Heinz Erhard motiviert für eine neue Filmstadt Göttingen
Vor dem Kino Cinemaxx ein VW-Käfer der Polizei aus den 1950er/1960er Jahren.
Vor dem Kino Cinemaxx ein VW-Käfer der Polizei aus den 1950er/1960er Jahren. Den Weg zum Kinosaal weist ein Aufsteller mit der Abbildung des Komikers Heinz Erhardt. Vor dem Eingang zum Saal steht ein Polizist, der gekleidet ist wie in den 1950er Jahren. Anlässlich der vor sechzig Jahren erfolgten Uraufführung des Filmes „Natürlich die Autofahrer“ gab es am Dienstag-Abend einen langen Heinz-Erhardt-Abend. Der Andrang war groß: Der größte Saal des Kinos mit über 300 Plätzen war ausverkauft. Begrüßt wurden die Besucherinnen und Besucher vom rührigen Polizeichor Göttingen und der Filmmelodie „Seid doch nett zueinander!“Heinz Erhardt ist noch immer das Gesicht der ehemaligen Filmstadt Göttingen: In den 1950er und 1960er Jahren drehte der beliebte Schauspieler und Komiker gleich mehrere Filme in der Leinestadt – zugleich auch die erfolgreichsten Filme der 100 Produktionen, die zwischen 1948 bis 1961 im hiesigen Filmatelier gedreht wurden.
Initiiert vom Filmbüro Göttingen
Film-Enthusiast Sven Schreivogel vom Filmbüro Göttingen hatte den Abend initiierte. Es wurde eine Würdigung der Filmstadt Göttingen und von Heinz Erhardt – aber auch als Ausblick in die Zukunft. Dafür stellte er zwei Talkrunden zusammen, die der Journalist Thomas Kopietz moderierte. Im Gespräch berichtete beispielsweise der Filmsammler Wolf-Dieter Bleyer wie schwierig es sei, heutzutage die in Göttingen gedrehten Filme zu finden und zu erwerben. Der auf Nachkriegsfilme spezialisierte Autor Michael Petzel wies kritisch darauf hin, dass hier in Göttingen das Verständnis der alten konservativen UFA-Filme in eine neue Ära eines modernen und kritischen Films überging. Dabei hätten die Göttinger Bürgerinnen und Bürger die Filmproduktionen in ihrer Stadt gar nicht so sehr zur Kenntnis genommen. Der Schauspieler und Heinz-Erhardt-Imitator Patrick L. Schmitz ist mit der Familie von Erhardt befreundet und überbrachte Grüße von den Erhardt-Kindern. Der elfjährige Hörspielsprecher Tim Asch stand für die ganz junge Generation. Er lernte Heinz Erhardt bei der TV-Show „Klein gegen Groß“ kennen und findet ihn herausragend: „Er ist kein normaler Komiker, er arbeitet viel mit seinen Körperbewegungen.“
Eine zukünftige neue Filmstadt Göttingen
Mit dem Blick auf eine zukünftige neue Filmstadt Göttingen berichtete die Schauspielerin Katja Frenzel von ihrer Arbeit bei der TV-Serie „Rote Rosen“, die in Lüneburg gedreht wird: „Die TV-Produktion hat in der Stadt Arbeitsplätze geschaffen und lockt Touristen in die Stadt – das könnte in Göttingen auch funktionieren.“ Für die Nachwuchsförderung brachte sie eine Göttinger Filmhochschule ins Gespräch. Dr. Stefan Zimmermann hat als Geograf und Medienwissenschaftler international über Drehorte geforscht und kommentierte: „Wenn sich eine TV-Serie erfolgreich in einer Stadt etabliert hat, dann schafft das ein positives Image für diesen Ort. Göttingen hat große Chancen und eine Kulisse, die dann auch Touristen anzieht.“ Christian Ewald, Geschäftsführer der Firma Knockwood Films, betonte, dass Göttingen schon jetzt das Potenzial für eine attraktive Filmstadt habe: „Hier gibt es kurze Wege, offene Türen und auch Genehmigungen bei Behörden erhält man schnell.“
„Natürlich die Autofahrer“
Als Abschluss des Abends sah das Publikum den Heinz-Erhardt-Film „Natürlich die Autofahrer“ aus dem Jahr 1959. Dabei erlebten die Zuschauerinnen und Zuschauen wie Göttingen als Stadt inszeniert wurde: Erhardt als hektischer Verkehrspolizist und Wachtmeister am Weender Tor zwischen Opel-Hochhaus und der Aula der Universität, eine turbulente Verfolgungsjagd im Auto um den Kreisel vor dem Deutschen Theater und eine Szene mit einem LKW der hiesigen Spedition Zufall. Göttingerinnen und Göttinger sahen diesen Film aus zwei Blickwinkeln: zum einen mit Blick auf die unterhaltsame Handlung und zum anderen die Kulisse der Stadt und die Drehorte, die man wiedererkennt.
Ungewöhnliches Ende eines Kinoabends
Begeisterter Applaus beim Abspann des Films. Patrik L. Schmitz trug zum Abschied zwei Gedichte von Heinz Erhard vor – und typischer Hornbrille und ganz im Stil und Gestus des Humoristen. Es war an diesem Abend zu spüren – auch durch den Rückenwind durch die aktuellen Tatort-Verfilmungen in dieser Stadt: Es gibt eine neue Dynamik, Göttingen wieder als Filmstadt zu etablieren.
Text: Göttinger Tageblatt, Ausgabe 22.8.2019, Autor: Udo Hinz
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